Trennung überprüfen (April 2020)

In Paarbeziehung zu leben berührt unser tiefes Wesen vom Menschsein, unser Zugehörig Sein. Wir brauchen diese Erfahrungen, stimmig gemeint und geliebt zu sein, um uns entwickeln zu können. Jeder, der sich für eine Paarbeziehung entscheidet, weiß aber auch: Es ist nicht leicht in der Beziehung zu sein, wenn wir uns selbst verloren haben und unsere Reaktivität uns und dem Anderen etwas antut. Das belastet die Liebe. Paare kennen dann ausgesprochen, meist die Frauen und unausgesprochen, meist die Männer diesen Gedanken, der zu einem inneren erschöpfenden Zustand werden kann:

„Ich kann nicht mehr, ich will mich von Dir trennen“.

Sind wir sicher, dass wir wissen, was es meint?

Wenn er in einer Klarheit und Präsenz ausgesprochen ist, steht er am Ende eines längeren inneren Prozesses und berührt eine nächste stimmige seelische Bewegung für einen oder beide in der Partnerschaft.

Doch oft ist er in Folge einer inneren Reaktivität, ausgesprochen wie eine Drohung und will den Partner zwingen endlich zu sehen, was wir brauchen und uns das zu geben. „Bin ich Dir wichtig“, „Bist Du für mich da wenn ich Dich brauche“, „Stehst Du zu mir?“ Das kann hinter dem Rückzug der Männer stecken, ebenso wie im Ausrasten der Frauen. Es berührt tiefste Bindungsthemen.

Mann und Frau verstehen sich jedoch in dieser Reaktivität nicht.

Erfahrungsgemäß beschreibt sie eine innere Not, die unaushaltbar ist und die wir nicht haben wollen. Jeder wird es mehr oder weniger kennen: Ich habe mich in einer Ernsthaftigkeit gezeigt, bin nackt, doch der andere ist nicht da, nicht präsent, innerlich geschlossen. Ich bin nicht in Resonanz gekommen, kann ihn nicht erreichen. Man kann diesen Zustand nicht aushalten und geht weg oder greift an. Er löst die frühkindliche Verlassenheitsgeschichte aus: Ich bin zu viel, ich schäme mich, keiner will und versteht mich. Streit, Wut und Hass oder Rückzug ist die automatische Reaktion auf diese Kränkung. Kommt das zu oft vor und gibt es keine Erfahrung von Öffnung und stimmiger Berührung, dann lenkt die Reaktivität die Beziehung und landet in Trennung.

Wovon trennen? In diesem Zusammenhang wollen wir uns wahrscheinlich von dieser wiederholten Erfahrung trennen, dass die Berührung unserer innerer Not keine Resonanz im Anderen findet und dadurch die Seele nicht entspannen kann. Was verletzt ist die Abwesenheit, die fehlende Präsenz des Partners und der Partnerin. Heutzutage ein großes ernst zu nehmendes Thema in Zeiten von ständig präsenten Handys und Internet.
An dieser Stelle lohnt es sich, den Trennungsimpuls zu überprüfen. Können wir lernen, mit diesen Stellen der Not für sich selbst und dann füreinander präsent zu bleiben und sich wirklich dafür zu interessieren? Können wir auch lernen, mit der Erfahrung präsent zu sein, eine bestimmte Resonanz nicht zu bekommen? Dann ist der Trennungsimpuls ein Königsweg zu Mitgefühl, Selbsterkenntnis und Liebe:

  • Wie kann ich lernen, an diesen Stellen nicht abzuhauen oder anzugreifen?
  • Was kann ich tun, Dir das zu erleichtern?

Die seelische Arbeit in der Liebe lohnt sich. Trennen oder nicht entscheidet sich meines Erachtens bei den Fragen, ob noch Liebe da ist und ob es eine Bereitschaft gibt, sich tiefer aufeinander einzulassen und aus der Reaktivität lernen zu wollen. Ich hatte ein Paar, das sich in 14 Jahren 3x getrennt hat. Nachdem sie sich auf die seelischen Hintergründe eingelassen haben, und erkannten, was trennend wirkt, zogen sie wieder zusammen, haben geheiratet und noch 2 Kinder bekommen.

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